Das sehr eigene Coronajahr...

Gedanken zum Herbst 2020

 

In den Gedanken des letzten Jahres, sprach ich noch von einem bunten Mosaik, das am entstehen ist....
Nun – das waren meine Worte in der Mitte des letzten Jahres, die Zeit – in der es noch kein Corona gab.
Und – ich gebe zu – jetzt im zehnten Jahr, ich hätte nicht gedacht, dass ich mal eine Zeit vermisse – während meiner Erkrankung.

 

 

Aber 2019 war mein bestes Jahr – im Gesamten – bis jetzt. Es kamen andere Gefühle dazu – die so jahrelang Mangelware waren!

 

Freudiges, Entdeckendes, Neugieriges, Stabileres, Gestaltendes…Buntes…Erfrischendes…gut immer wieder unterbrochen – durch schwächere Zeiten und vor Allem die Folgen von Zahngeschichten – die Odyssee bei Zahnärzten und bessere und weniger gute Behandlungen…aber im Ganzen – gab es genug Grund – nicht nur grundlos zu lächeln.

 

Ja – und dann kam das Jahr 2020 – noch zu Sylvester voller neuer „kleinerer Pläne“…Nichtsahnend – wie alle wohl.

 

Mein Lockdown – der ja nun auch schon Jahre vorherrscht wurde noch im Januar von einem größeren Infekt verstärkt! Ein nicht gut behandelnder Zahn…ließ Fieber und Lymphe beschäftigen. Ich war sehr schwach – auch zum Husten oder ähnliches …das Zwerchfell ist ja viel zu schwach…Der Zahn (zunächst fehlbehandelt) hätte weiter behandelt werden müssen – der Versuch ihn zu retten, machte alles nur noch schlimmer –und ich hatte aber noch nicht einmal die Kraft – für eine Extraktion – ich war einfach nicht Transportfähig. Als dies nach einiger Zeit wieder möglich – folgte die Extraktion...Wieder Eingriff Spritzen und große Nervenschmerzen – stark verzögerte Wundheilung und das ganze Programm..

 

Was gab mir die Kraft – über Wochen wieder ganz zu Hause, keine weiteren Kontakte…dass ich die Kräfte von 2019 wieder bekäme…und dann…und dann…als alles sich etwas lichtete…dann war März…und Deutschland ging in den Lockdown!

 

Ich muss sagen - das war einfach zu viel. Im Ganzen würde ich sagen, dass ich doch eine starke Psyche habe, auch wenn das nach außen nicht immer so aussieht…aber das war Zuviel.

 

Zumal…die Erinnerung, dass ich schon mit leichtem Fieber und leichtem Husten – völlig am Ende meiner Kräfte war/bin – wie dann eine Coronainfektion durchstehen? Der Gedanke an einen stationären Aufenthalt…sowieso – eigentlich eher Endgedanken…was sollte – sollte ich es schaffen, danach noch von mir übrig sein? Und nein…nur weil ich seit Jahren so lebe, heißt das nicht …dass ich das besser kann, ja ich bin geübter, wie ein Gesunder – so wie alle Haus-und Bedboundet Lebenden auch…aber ich bin auch erschöpfter und müde – müde im Sinne von mürbe…ich habe mich über Jahre aufgebaut…für – wieder jahrelanger Aufbau fehlt mir die Kraft- und ich gebe es zu, die Motivation. (Wenn ich an das Longcovid denke)

 

Das mit dem "grundlos Lächeln" (mentale Übung des letzten Jahres -  habe ich erstmal gelassen- einfach zu mürbe und geschockt…Ich wollte meinen Darm verbessern…aber das ging erst wegen der Zähne nicht und dann…in der „heißen Phase“ ab März wollte ich mir keine weitere Schwächung – über Kopfschmerzen, Entgiftung und oder Infektanfälligkeit „leisten“ – außerdem waren die Anfangsmonate schon anstrengend genug…ich konnte nicht mehr.

 

Nun hab ich – wie andere Erkrankte bestimmt auch, sich jahrelang aufgebaut - mit dem Gedanken…wenn es mir irgendwie besser geht…dann…geh ich rauß…treff mich mit Menschen – und jetzt: ist genau dies eine gefährdende Situation!

 

Wohin –also – ohne Ziel?! Ohne den Punkt der Fixierung in Zeiten wenn es einem nicht so gut geht?

 

Bei mir hieß und heißt der weitere verschärfte Lockdown:

 

  • Keine Osteopathiebehandlung…fehlt ja dann, abgesehen vom menschlichen auch körperlich…nun ja – mit Faszienball ersetzt.
  • Keine Nachbarschaftshilfe mehr…ist mir zu riskant und meiner bisherigen Nachbarschaftshilfedame - die selbst Fibro hatt - kam auch mit dem ganzen Desinfizieren und all dem auch nicht mehr zurecht.
  • Keine Familienbesuche mehr…meine Mutter ist hochaltrig.
  • Nichts von den kleinen Events des Jahres 2019.
  • Mein Partner und meine Tochter haben noch Außenkontakte...also bleibt die Situation ungewiss

 

Dazu aber –das Päckchen der Angst.

 

Mein Partner arbeitet im Außendienst – er sieht jeden Tag andere Menschen.

Gut – ich habe mich eingedeckt…denn ein Ziel ist klar…sollte der der Virus kommen – muss ich es zu Hause schaffen – ein Krankenhaus – schaffe ich ja schon ohne Corona nicht!

Also Tees…Honige…Kräuter – alles Mögliche…ich weiß auch nicht ob es genügt…möglich auch dass mein Immunsystem nicht unter- sondern überaktiv ist…weiß man ja bei CFS-ME nicht – wäre ja dann von Vorteil und ist ja nicht der erste Virus in meinem Körper.

Gerade wird ja ständig diskutiert…dass ME-CFS postviral sein könnte.

Aber mein Partner – der gesunde Teil von uns – hat Narben auf der Lunge…?!

 

Dieses Nichtwissen…bekomme ich es…bekommt es ein nahestehender Mensch…bekommt es mein Partner (ich selbst kann nicht ohne Hilfe leben) – oder auch nicht…und wenn ja in welcher Form? Das stresst mein Gehirn. Ich brauche eine Richtung…einen Weg – das Ungewisse – und welche Außentermine nehme ich noch wahr und welche nicht…das nimmt mir –zeitweise auch den Schlaf.

 

  • Aber das ist jetzt die Zeit…ich suche nach jeder Möglichkeit an Serotonin, Dopamin, Adrenalin oder Endorphine u.a. zu kommen.

 

Das Säckchen der Angst…ich spüre es, ich spüre wie es mir Kraft nimmt…Im Vergleich zum letzten Jahr – bin ich schwächer.

Um – die leer gewordene Zeiten – fehlender Begegnungen auszufüllen habe ich mich einem neuen Thema zugewandt. Dem Instagram, neuen besonderen virtuellen Kontakten. Für mich neu...außer der Homepage war ich bisher oldschool nicht in den sozialen Medien unterwegs. Allerdings - geht hier einiges nur über Handy...und so habe ich - Corona geschuldet mein erstes internetfähiges Handy - und dazu eine neue Kopfwehart gleich dazu.

Es gibt soviele erkrankte und auch jungchronischerkrankte Menschen...was auch immer sie haben - wie sie ihr Leben meistern und leider - viel zu oft - mit bedrückenden Erfahrungen im medizinischen System oder Ämtern. Ich weiß das ja von mir, von anderen Betroffenen - aber - so - eindrücklich, fast live - ich würde mir sosehr wünschen, dass Mediziner das lesen und mehr achten auf ihr Verhalten und ihre Worte.

Ich habe medizinische Leitlinien durchforstet...da wurds nicht besser...der Umgang mit dem "schwierigen Patienten"...also der/die, der /die einfach nicht gesund wird, der/die die Fragen stellt...sehr traurig, sehr schwer...

Was Neues lernen soll gut sein – Bildtexte zu schreiben und zu kreieren – ist anders als lange Texte…und neue Neuronenverknüpfungen sollen ja sinnvoll sein. Ablenkung die neue Motivation - aber es funktioniert nur marginal.

 

Frustration auch …dass es eigentlich in großen Schritten voran ging in Sachen ME-CFS in Deutschland – auch gepusht durch die so wichtige Entscheidung des EU-Parlaments – die Mitgliederstaaten aufzufordern die Situation für die ME-CFS Betroffenen nun endlich zu verändern und zu verbessern…mit Forschung, Aufklärung, Sensibilisierung von Ärzten, Behörden, Öffentlichkeit u.v.m.

 

  • Allen voran die EU-Resolution von diesem Jahr - und damit einige Abgeordnete in Deutschland, die jetzt eine bessere Grundlage haben für ihre unterstützenden Aktivitäten.
  • Patientenvereine die sich nun national wie international zusammengeschlossen haben.
  • Die Berliner Charite, die Kinder-und Jugendklinik in München…
  • Die erste Elterninitiative in Deutschland für an ME-erkrankte Kinder...

Und dann kam Corona.

  • das schwächt die Öffentlichkeitsarbeit
  • die Aktiven der Patienten-Vereine - sind ja fast alle selbst erkrankt
  • der Focus der Politik wie der Gesellschaft liegt woanders

 

Eine Richtung ist nun – das Long-Covid mit ME in Verbindung zu bringen – denn viele ME-CFS Erkrankte haben auch ein postivirales Fatigue…

Aber Zeitgleich sind ME-CFS Betroffene wohl auch Risikogruppe…das macht das Ganze nicht einfacher.

Den Gedanke, dass noch mehr Menschen so eingeschränkt leben müssen, empfinde ich als sehr belastend.

  • Und weckt - im Rahmen von Long-Covid natürlich auch weitere eigene Ängste

Ich musste mir die Frage stellen:

 

Kann ich mir eine weitere Zurückführung meiner Kräfte und Möglichkeiten mental noch vorstellen bzw. durchstehen…?! Im Falle einer Infektion?

Die Antwort?!

 

Ich weiß es nicht…Tendenz…ich glaube aber eher nicht…

 

So ist das…

 

  • Also – habe ich erst mal meine Patientenverfügung angepasst, Vollmachten ausgebaut…niemand kann mir schließlich sagen was mit mir bei einer Coronainfektion passiert – und ich weiß nicht wie viele Kräfte ich dann noch hätte. Zehn Jahre Disziplinierung – machen auch mürbe.

  • Kontakte eingeschränkt – ist aber auch kompatibel mit meinen Kräften. Leider eben auch die Osteophatie.

  • Neue virtuelle Kontakte geknüpft – neues „Hobby“…fotografieren jenseits von CFS – ich mag Lost-Places – wenn auch erschwert…durch meinen Radius und Gehmöglichkeiten. Bin ja irgendwie selbst einer.

  • Einhaltung meines Tages-Rhythmus …im Sinne von weiter…Schritt um Schritt..

  • Nach dem trockenen Sommer den Garten wieder beleben.

  • Meine Verdauung weiter unterstützen.

  • Auf meinen Schlaf und Gedanken achten.

  • Mit meinen Kopfschmerzen umgehen – die mich leider öfters als mir lieb ist vom Schreiben – oder Lesen (geht eigentlich kaum noch) usw. abhalten.

  • Weiter die Homepage pflegen und das Instagram.

 

Sage noch einer, ein chronisch Kranker habe nichts zu tun! (Ich stelle fest,  meine ironische Ader - neigt sich dem Sarkasmus zu...ein Tribut an diese Zeit)

 

Und noch stärker als zuvor auf meine Gedankenwelt achten…auch über das Konfuse draußen…diese aufpeitschende Berichtserstattung – die Menschen die nicht mehr in Ruhe miteinander reden können – und Corona sie in zwei Lager teilt.

 

Das Gefühl – dass so viele jetzt nicht wissen wie es für sie beruflich weitergeht…die Künstler – das Tanzen – die ganze Welt der Begegnung – die nun auf Abstand gehen muss.

 

Meine mentale Gesundheit – sie braucht derzeit viel Aufmerksamkeit und da nützt es mir nichts nur in Schwarz oder Weiß zu denken.

 

Die Vergänglichkeit ist immer da, das war sie schon vorher - theoretisch...aber jetzt auch medial - wo man auch immer hinhört oder hinsieht und damit täglich ganz praktisch – meine Kräfte dem weiter standzuhalten sind jedoch begrenzt.

Aber ich will mich auch nicht dem Sog überlassen – und kreiere mein Leben – in den kleinen Kreisen, die ich noch habe – so gut wie ich es kann. Und manchmal geht das gut und manchmal weniger gut.

 

Ja – so war/ist dieses- so überraschende Jahr - und so ungewiss geht es weiter – in Gottes Hand…nie kannst du tiefer fallen als in Gottes Hand.

 

Ich verstehe nicht – wie die Menschen oft miteinander umgehen – es wäre doch jetzt die Zeit…

 

  • Der Mensch braucht ein gutes Immunsystem…das geht nicht zwingend mit chemischen Keulen einher

  • Umweltschutz, Umwelterkrankungen entgegenwirken, gesündere Umwelt, Nahrung, Wohnungen…usw.

  • Er braucht eine gewisse Sicherheit

  • …warum nicht Grundeinkommen?

  • Er braucht ein Arbeitssystem, das ihn nicht kaputt und macht und er genug verdient…

  • Was ist jetzt mit all den systemrelevanten Menschen – oft Frauen – weiter unterbezahlt und überlastet

  • Ja – die Pharma arbeitet hart an verschiedenen Mitteln und andere Teile der Medizin – ganzheitliche, umweltmedizinische, usw…werden weiter abgedrängt.

 

Das Psychiatrisierung von schwierigen Menschen oder die eigene Entscheidungen für sich und ihren Körper treffen wollen….besteht und nimmt weiter zu.

 

Die Kommunikation – weder der Politiker noch der Medien ist entstressend – man kann die Dinge beim Namen nennen ohne ständig Katastrophenwörter zu benutzen…das hält das mentale System des Menschen nicht lange durch.

 

Sagen wir mal so…mein Leben und meine Gedanken sind durch Corona nicht leichter geworden – und ich kehre und verbleibe bei der Basis meiner täglichen Praxis:

 

Ich mache weiter - …eins ums andere…Schritt für Schritt….und wie alle auch…weiß ich nicht wie wir durch den Herbst und Winter kommen.

Ich entscheide punktuell zwischen Risiko und Kontakt...aber ich spüre klar die Zunahme von Stresssymptomen...die sich körperlich wie mental schwächend auswirken.

ME-CFS-MCS ist ja nicht weg....ich kann einfach nicht immer dagegenhalten - und bin froh über jeden Moment "außerhalb" der Schleife. Und ja - wünsche mir eine Zeit ohne Corona zurück - bin also nach den Stufen von Elisabeth Kübler-Ross noch immer im Widerstand - ...verhandeln hat ja bisher nichts genützt. :-)

www.betanet.de/phasen-nach-kuebler-ross.html ...also - diese Phasen durchläuft man ja immer wieder...wenn man krank ist...wenn man etwas verliert, was einem wichtig ist,...wenn Veränderungen anstehen die man so nicht gewollt hat...